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"Sylvia Oster und Gerd Ungermann überzeugten ihre wie gebannt lauschenden Zuschauer im Heuson-Museum mit hoher Intensität ihres Spiels"

(Kreis-Anzeiger 04.09.13)

 

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„TheodoBo“ würdigt Kämpfer gegen Hexenprozesse

Theaterensemble widmet sich beeindruckend und voller Intensität Anton Praetorius‘ Wirken

von Monika Eichenauer (Kreis-Anzeiger vom 04.09.13)

BÜDINGEN „Contra torturam“ wandte sich der Birsteiner Hofprediger Anton Praetorius im Mai 1597, „ein Kämpfer gegen Hexenprozesse und Folter“. So nennt Hartmut Hegeler, der jahrzehntelang über ihm geforscht hat, den mutigen Mann, der sich damit selbst in Verdacht und Gefahr begab. Die bedrückende Stimmung der Zeit der Verfolgung und Ermordung von Frauen als Hexen, in der auch im Büdinger Land viele Frauen Opfer wurden, kam im „Theater in Fragmenten“ des Theaters ohne doppelten Boden („TheodoBo“) deutlich und drastisch rüber. Das Ensemble zeigte das aufwühlende Stück anlässlich des 400. Todestages des Ysenburger Hofpredigers.

Sylvia Oster und Gerd Ungermann überzeugten ihre wie gebannt lauschenden Zuschauer im Heuson-Museum mit hoher Intensität ihres Spiels. Für die Technik und entsprechende Bilder aus dem 16. und 17. Jahrhunderts sorgte Markus Karger. Das Ensemble spielte im Sitzungssaal des Museums, in dem jetzt in Anwesenheit von Hartmut Hegeler eine Ausstellung zu Leben und Wirken von Praetorius eröffnet wurde (der Kreis-Anzeiger berichtete).

In beeindruckenden Szenen stellten Ungermann als Praetorius und Oster in verschiedenen Rollen, unter anderem eine Frau aus dem Volk, seine Frau Sybille und als Grabredner, einige prägnante Stationen im Leben des Pfarrers dar. Drei Frauen starben ihm, bevor er in vierter Ehe mit Sybille verheiratet war. In 28 Jahren starben ihm zehn Kinder. Nur sein erstgeborener Sohn Johannes lebte, starb aber auch vor dem Vater. Praetorius, geboren 1560 im westfälischen Lippstadt, gestorben 1613 in Laudenbach, war ursprünglich Befürworter der Hexenprozesse, doch der Sinneswandel kam während der Zeit, als er von 1596 bis 1598 in Birstein war.

Auslösender Moment dafür war die Folter von vier als Hexen angeklagten Frauen aus Rinderbügen in Birstein im Mai 1597. Sie wurden im Gefängnis-Turm des Birsteiner Schlosses gefangen und festgekettet, weil sie von der „Eulen-Anna“, die in Büdingen als Hexe angeklagt war, beschuldigt worden waren, ebenfalls beim „Hexentanz“ gewesen zu sein. „Margreth, Hans Faustens Frau, Anna, Hans Dattens Frau, Anna, Fritz Dietrichs Frau und Crein, Lips Hofmanns Frau – zwei nahmen sich in der Nacht nach dem Zeigen der Foltergeräte das Leben, Crein wurde auf Antrag ihres Mannes freigelassen, weil sie schwanger war, musste aber nach der Niederkunft wieder erscheinen und starb dann an den Folgen der Folter. Anna, Fritz Dietrichs Frau und Mutter von neun Kindern, wurde gefoltert und starb an den Folgen. Diese Berichte trugen Oster und Ungermann mit solchem Nachdruck vor, dass es den Zuschauern kalt den Rücken herunter lief. Annas Schreie drangen durch die Straße, wühlten die Bewohner und den Pfarrer auf, der schließlich „contra torturam geredet habe“. Eine überaus mutige Tat, obwohl er sich und seine Familie damit in Gefahr brachte.

Diesen Konflikt arbeiteten Ungermann und Oster eindringlich heraus. Oster, diesmal als seine Frau Sybille, verkörperte die Angst, die Sorge, die auch ihn treibt, aber er kann nicht gegen sein Gewissen handeln. Musikalisch passend umrahmt wurde das szenische Spiel von Peter Grün, Yvonne Reutzel und Ulrike Horn auf Flöten.