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"Theaterkabarett der gehobenen Klasse (...) in bewährter TheodoBo-Manier"

(Kreis-Anzeiger 23.09.04)

 

Pressestimme zu "Gretchen 89FF" – Ein Theaterkabarett

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"Darstellerische Quantensprünge ganz ohne doppelten Boden . . ."

Erfolgreiche Premiere der Theatergruppe "Theodobo" mit "Gretchen, 89 ff" im TaKuZAK

von BJÖRN LEO (Kreis-Anzeiger vom 23.09.2004)

ALTENSTADT. Zeit für einen Klassiker, Zeit für den Klassiker der deutschen Literatur schlechthin. Zeit für Goethes Faust. - Mephistopheles schleppt den Doktor zu Auerbachs Keller nach Leipzig, dann in die Hexenküche und schlussendlich begegnet Faust Gretchen. Schließlich heißt es im ersten Teil der Tragödie "Abend, ein kleines reinliches Zimmer" und keine hundert Zeilen später "Margarethe mit einer Lampe". Auf Seite 89 beginnt das Gretchen einen denkwürdigen Monolog mit den Worten "Es ist so schwül, so dumpfig hie und ist doch eben so warm nicht drauß. Es wird mir so, ich weiß nicht wie - ich wollt, die Mutter käm nach Haus."

Wie sich diese Szene auf der Bühne umsetzen lässt, zu welchen Ansichten Schauspieler und Regisseure zuweilen kommen, wenn sie - zwischen Lee Strasberg und dem grauen Vorstadtregisseur schwebend - über Sinn und Unsinn jener Wortfetzen debattieren, und wie sich die Diva von der blutjungen Anfängerin unterscheidet sind Fragen, die das Büdinger Theater ohne doppelten Boden (Theodobo) künftig in ihrem neusten Werk "Gretchen, 89 ff." beantworten wird. Und zwar nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern mit einem Theaterkabarett der gehobenen Klasse. Nicht mit biederem Ernst, sondern mit wechselvollem Rollenspiel in bewährter Theodobo-Manier.

Zur formellen Rahmengeschichte: Regie des Stückes von Lutz Hübner, das künftig an den vom Büdinger Künstler Axel Gallun gelungen gestalteten Plakaten auf denen ein Regiestuhl mit der Aufschrift "Theodobo" abgebildet ist, zu erkennen sein wird, führte zum wiederholten Male Markus Karger. Im Altenstädter Tanz- und Kulturzentrum Altes Kino (TaKuZAK) feierte das aus Sylvia Oster, Gerd Ungermann, Andreas Hesse und Markus Karger bestehende Ensemble am zurückliegenden Wochenende mit zwei gut besuchten Vorstellungen seine eindrucksvolle Premiere. Eindrucksvoll deshalb, weil dem geneigten Theaterbesucher, der die Büdinger Truppe bereits in anderen Produktionen gesehen hat, die Vielseitigkeit bezüglich rascher Rollenwechsel unter Beweis gestellt wurde.

Mitunter binnen weniger Augenblicke antizipierten die Schauspieler gekonnt auf der TaKuZAK-Bühne zunächst die Rolle des Schmerzensmannes - der Ketten rauchende, bissige Regisseur, der das Extreme statt das Phrasendreschende von der Gretchen-Darstellerin einforderte - und wenig später die Rolle des Freudianers, dem der Text völlig egal war. Er legte statt dessen auf Gefühle, vor allem auf die sexuellen Aspekte großen Wert. "Goethe war gar nicht der große Klassiker, er war versaut bis in die Knochen, ehe er von der Literaturwissenschaft kastriert wurde", so Andreas Hesse als genialer Freudianer zur ratlosen Schauspielerin Birgit Kowalski alias Sylvia Oster. Während sie zwischen Anfängerin, Diva, Dramaturgin und Schauspielerin wahre Quantensprünge zu leisten hatte und fast in jeder Rolle noch zusätzlich das Gretchen geben musste, schlüpfte Gerd Ungermann in die Häute weiterer bekannter Gesichter, die sich hinter den Kulissen eines Theaters herumtreiben. Er mimte den alten Haudegen, den Streicher mit seiner harmonischen Ratlosigkeit, den Requisiteur und den Hospitanten in einem Fegefeuer namens Provinz.

Markus Karger trat dagegen nur einmal vor das Publikum. Nämlich als Tourneepferd mit Wiener Schmäh, das die Gretchen-Darstellerin mehrfach "herzallerliebst" fand und ihr mit Ratschlägen wie "Du musst schaun wie a klitzekleines Reh, das Oangst im Woald hoat" zur Seite stand. Das Theodobo-Stück von Lutz Hübner, "Gretchen, 89 ff", wird in der Büdinger Kulturnacht am 9. Oktober um 22 Uhr im Gemeindesaal der Marienkirche sowie am 17. Oktober um 19.30 Uhr im Sälchen des Büdinger Oberhofs gezeigt.