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"Begeisterte Zuschauerinnen und einige wenige Männer verfolgten (...) einen atemberaubenden Parforceritt von der Landfrau zur "total geerdeten" Intellektuellen, von der strammen Pretty Woman zur geprellten Geliebten"

(Kreis Anzeiger 22.03.07)

 

Pressestimme zu "Frauenklischees & Weibsbilder"

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"Vergnüglicher Grenzgang zwischen den Geschlechtern"

Markus Karger und Sylvia Oster räumten in Selters gründlich auf mit Rollenklischees

(Kreis-Anzeiger vom 22.03.2007)

von Inge Müller

SELTERS. Leicht ist sie ja nicht immer, die Verständigung zwischen Mann und Frau. So sagt die oberhessische Frau "Setz dich hin und ess dei Supp!", wenn sie meint "Ich liebe dich". Der Mann umschreibt die magischen drei Worte dagegen mit einem gehorsamen "Hmhm" - und macht sich über die Mahlzeit her. Der Abend "Frauenklischees und Weibsbilder", präsentiert von Sylvia Oster und Markus Karger vom Theater ohne doppelten Boden (TheodoBo), war jedoch geeignet, sämtliche Klischees über die Frau und den Mann "an sich" in Frage zu stellen, mal Brücken zu schlagen, mal schonungslos Gräben aufzureißen, mal Kräfte zu messen und dann versöhnlich von hüben nach drüben zu zwinkern. Der alltägliche Wahnsinn eben - "von, mit und über Frauen".

Begeisterte Zuschauerinnen und einige wenige Männer verfolgten im voll besetzten Gasthaus Neumühle in Selters einen atemberaubenden Parforceritt von der Landfrau zur "total geerdeten" Intellektuellen, von der strammen Pretty Woman zur geprellten Geliebten, von der Karrierefrau zur Wissenschaftlerin, von der Capri-Sonnen-Romantikerin zur perfekten Ehegattin von 1955. Auf Grenzgang zwischen den Geschlechtern befanden sich auch die beiden Darsteller-Innen selbst: Sylvia Oster war als Karrierefrau schon immer Anfang 40 und wird es in knallharter Selbstunterwerfung "bis zu ihrer Einäscherung" bleiben. Sie gehört zu denen, die alles das tun, was früher Männern vorbehalten war, nämlich "sich rasieren (wenn auch nur die Beine) und keine Kinder kriegen". Schwach ist eher der Mann, mit dem frau verheiratet ist, dem sie generell zu viel zutraut und der, wie die Wissenschaftlerin knallhart analysiert, mehrheitlich annimmt, man könne sämtliche Fragen mit einem schlichten Ja oder Nein beantworten. "96,5 Prozent ihrer Zeit denken Männer an Sex. In der übrigen Zeit denken sie auch nicht an Sie", so das erschütternde Fazit.

Also bleibt frau nur, sich um sich selbst zu kümmern, wenn sie nicht wie die Ehefrau der 50er Jahre enden will, die ihn mit Lieblingsessen, -pantoffeln und -zeitung bediente und noch wusste, wo ihr Platz war. Praktisch kann das so aussehen, dass frau lernt, sich zu entspannen und "durch das dritte Auge einzuatmen und durch das Wurzel-Chakra an den Füßen wieder aus". Diese Anleitung Sylvia Osters wurde vom Publikum ebenso begeistert in die Tat umgesetzt wie das kunstvolle Zirpen der Mandolinen, das der unnachahmliche Markus Karger - alias "Frau Kraft aus Stockheim", ihres Zeichens gestandene Landfrau - als Begleitung für den Capri-Song einforderte.

Da half kein Sträuben, Oster und Karger behielten die Reihen der Zuschauerinnen ebenso im Griff wie den "Herrn Wirt", Alfred Martini, hinter der Theke, der für den nötigen Karaoke-Sound zu sorgen hatte. "Was mecht e Fraa zur Fraa?" Zwei Quadratmeter Tigerfellimitat, um einen gerundeten Körper drapiert, der kleine Joshua-Daniel im Kindersitz, die Teilnahme am Workshop "Peruanische Töpferarbeiten von Frauen, die zu viel lieben"? Ja - was macht SIE zur Frau? Auf diese Frage von Frau Kraft gab es an diesem Abend, zum Glück, keine eindeutige Antwort und deshalb erscheint es glaubwürdig, dass Markus Karger, aus dessen Feder die vorgetragenen Texte stammen, das facettenreiche Programm als "Liebeserklärung an alle Frauen" und als Kampfansage an alle bezeichnet, die Frauen (und Männer) in Schubladen bannen.

Blieb noch der neidlose Blick auf die jungen Frauen von heute, die nach dem Atari und der ersten CD geboren sind, für die Michael Jackson immer schon weiß war und Fernsehen immer schon in Farbe stattfand. Bis sie einst reif für die "Fun Geriatrie" des Jahres 2050 sind, gibt es viel zu tun, was frau am besten selbst und durchaus eigensinnig in die Hand nimmt. Und zur Not hält sie es eben mit der geballten Lebensweisheit der Frau Kraft aus Stockheim: "Männer sind wie Gewitterwolken - wenn sie sich verziehen, kann´s noch´n schöner Tag werden!"

Sylvia Oster stand seit 1983 im Frankfurter Kellertheater sowie im Gallustheater auf der Bühne. Durch Schauspiel und Regie ist sie, ebenso wie Markus Karger, eng mit den Büdinger Vereinen "Eine Stadt spielt Theater" und "Lebendiges Mittelalter" verbunden. Außerdem wirkt sie im Bereich Theaterpädagogik. Markus Karger, ursprünglich diplomierter Biologe, wurde durch seine Tätigkeit als Schauspieler und Regisseur in Büdingen und durch sein Trude-Herr-Programm weit über die Region hinaus bekannt.